August 2015 – Mach dir selbst ein Bild
von Experiment Ihme-Zentrum
Die Zahl der Straftaten im Ihme-Zentrum ist nicht höher als im Rest vom umliegenden Hannover-Linden oder in anderen, vergleichbaren Stadtteilen wie der Nordstadt oder der Calenberger Neustadt. Das sage nicht ich, sondern ist das offizielle Statement der Pressestelle der Polizei Hannover. Und auch mehrere Vertreter des privaten Sicherheitsdienstes, der auf dem Gelände des Zentrums für Ordnung sorgt, bestätigen das. Doch die Statistik und die Erfahrung der Bewohner bewahren einen nicht vor dem Schock, wenn Meldungen von Verbrechen in den Medien sind. Von Verbrechen, die nicht in einer der Wohnungen geschehen, sondern im ehemaligen Gewerbeteil im Erdgeschoss.
Für viele selbst ernannte Experten des Ihme-Zentrums sind solche Meldungen wieder einmal der Beweis, dass der gesamte Gebäudekomplex gescheitert ist. Und diese Wutbürger fordern dann wieder mal nur eins: den Abriss des Ihme-Zentrums. Ich und viele andere Menschen – aus dem Zentrum und von außerhalb – glauben nicht, dass die Probleme löst. Der Grund für ein Verbrechen wie eine Vergewaltigung ist nicht das Gebäude, wo es passiert. Sondern der Täter selbst. Kriminalität gibt es – leider – in jeder Großstadt und dort verteilt. Das Ihme-Zentrum ist kein Hotspot für Gewalt und Verbrechen.
Aber das Ihme-Zentrum ist in seinen leer stehenden Gewerbeteil etwas, das die Psychologen Angstraum nennen. Menschen fühlen sich unwohl, weil das Erdgeschoss unübersichtlich, schmutzig und düster aussieht. Und wenn man sich unwohl fühlt, bewegt man sich auch automatisch anders. Viele fühlen sich in so einem Kontext wie ein Opfer und werden so vielleicht auch eher zu einem.
Doch das muss nicht sein. Es gibt genug Konzepte, wie aus einem Angstraum ein lebendiger Ort wird. Einer davon ist die sogenannte Broken-Window-Theorie, die Theorie der zerbrochenen Fenster. Einfach erklärt: Wenn in einem Viertel Häuser und Infrastruktur verfallen, lockt das automatisch auch Verbrecher an, und am Ende kommt es zum Niedergang eines ganzen Stadtteils. Wenn man nun alles in einem guten Zustand erhält und dafür sorgt, dass sich die Menschen wohl fühlen, dann senkt man damit auch die Kriminalitätsrate. In vielen Städten wie beispielsweise New York führte diese Strategie zu einer rapiden Verbesserung des sozialen Lebens. Was also, wenn der Gewerbeteil des Ihme-Zentrums ebenfalls repariert, modernisiert und wieder belebt werden würde? Einen Versuch wäre es wert.
Wer immer noch glaubt, dass das Ihme-Zentrum eine Hochburg des Verbrechens ist, den oder die lade ich ein, zu einem meiner Rundgänge zu kommen. Der nächste Spaziergang ist am 27. September statt. Das Ganze dauert rund zwei Stunden und ist kostenlos. Anmeldungen unter wirtschaftsuchtbilder(at)gmx(punkt)de.
Seit das „Ihmezentrum“ NEU wieder in die Schlagzeilen rückt, wird es plötzlich auseinander geschrieben! Warum????? Geht es um Ihme? geht es um Zentrum? Oder doch um „Ihmezentrum“?????
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Schade, dass bei diesem interessanten Blog und den guten Ansätzen lediglich auf die Schreibweise geachtet wird. Selbst die Zeitung, Onlineblogs, u.s.w. schreiben es mit Bindestrich, irren etwa alle?
Die Rundgänge sind eine tolle Sache, denn der Blick auf dieses Objekt ist für Ausenstehende sehr einseitig. Vielen ist es gänzlich unbekannt, dass dort noch immer viele leben und arbeiten. Es passiert viel, aber nach außen dringt meistens nur unschönes. Ich finde Ihr Engagement einfach klasse!
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